Lügen haben kurze Beine – Auch im Internet
Beim letzten Webmasterfriday konnte ich mich nicht beteiligen, weil just in dem Moment, in dem ich auf dem Weg zur Verleihung des Pullitzerpreis’ gewesen bin (um diesen in Empfang zu nehmen, versteht sich) hier ein mittleres Erdbeben einsetzte, dem eine Flutwelle auf dem Main folgte und ich dadurch gezwungen war, unter den überlebenden Opfern lebensrettende Maßnahmen zu ergreifen, Blut und Knochenmark zu spenden, verrenkte Schultern wieder einzukugeln, Herzmassagen durchzuführen, mehrere verschreckte Katzen wieder von Bäumen herunter zu holen und so weiter.
Ihr seht schon: Es geht heute beim Webmasterfriday um die Wahrheit und warum Lügen letzendlich doch immer kurze Beine haben!
Lügen haben kurze Beine
Die im Grunde sehr beruhigende Aussage, dass Lügen kurzbeinig wären, bedeutet eigentlich, dass man mit Unwahrheiten nicht weit kommt. Bloß scheint in diesem Fall das Raum-Zeit-Kontiniuum sehr gestreckt worden zu sein, wenn man bedenkt, dass es oft Jahre, Jahrzehnte oder noch länger dauert, bis Lügen wiederlegt werden konnten.
Aber um nicht ins Philosophische abzutauchen, gehe ich einfach einmal konkret auf die Fragen des Webmasterfridays ein:
Aber es kommt eine andere Ebene hinein, weil man unterstellen könnte, dass dem geschriebenen Wort mehr Wahrheit innewohnt als dem gesprochenen. Stimmt da soweit? Lest ihr tendenziell gutgläubig andere Artikel und unterstellt, dass der oder die Autorin sich an die Regeln der Wahrheit hält? Oder seid ihr schon so misstrauisch, dass ihr per se erst mal nichts glaubt, was ihr lest?
Ich glaube prinzipiell nur das, was ich auch glauben will. Selbst, wenn es sich hier um Lügen handeln sollte – Hauptsache, es spielen Einhörner eine Rolle.
Im Ernst: Papier ist sehr geduldig und wenn man glaubt, dass Geschriebenes immer stimmt, der glaubt auch, dass jemand klug sein muss, nur weil er studiert hat.
Und wie ist das bei Euren Texten – mit den Artikeln Eures Blogs? Schreibt ihr immer nach besten Wissen und Gewissen die Wahrheit, oder greift ihr schon mal hier oder da zur (gutgemeinten) Übertreibung, Polarisierung oder Verzerrung?
Ihr werdet auf meinen Blogs niemals Aussagen lesen, nach denen ich klug und schön und reich wäre und einen Ferrari fahre.
Aber ich werde in meinen Artikeln immer dafür Sorge tragen, dass Menschen, die mir am Herzen liegen geschützt bleiben und Vertrauen, dass ich genossen habe, nicht missbraucht wird. Und so modele ich manchmal die Wahrheit ein bisschen um, so dass die Aussage immer noch stimmt, aber gewisse Eckpfeiler anders aussehen.
Ärgert ihr Euch, wenn ihr woanders unwahre Dinge lest? Unterscheidet ihr dabei, ob es sich um offensichtliche Wissenslücken handelt oder eine bewusste Manipulation der Lesermeinung?
Manchmal schon. Wenn auf Facebook Fotos von dem verlassenen Festivalgelände in Wacken auftauchen und dann behauptet wird, hier hätten gerade mal ein paar Flüchtlinge ihren Müll liegen gelassen, macht mich das rasend. Mein Mann regt sich oft über Falschinformationen in Wikipedia auf und noch mehr über die Leute, die diese dann im Brustton der Überzeugung verbreiten.
Zum Teil ist hier Dummheit im Spiel, aber oft handelt es um gezielte Manipulation.
Stellt ihr andere Blogs, Artikel oder Produkte auch mal wider besseren Wissens als positiv dar, weil ihr Euch davon einen Vorteil versprecht?
Ich habe keinen weiteren Vorteil davon, wenn ich alle 2 Wochen in den “Coolen Blogbeiträgen” interessante Artikel vorstelle.
Wenn ich Produkte teste und die Ergebnisse veröffentliche, sage ich die Wahrheit. Immer!
Bemüht Ihr Euch, das Web durch Wahrheitstreue besser zu machen. Oder hat das eine mit dem anderen nichts zu tun?
Ich bemühe mich nicht, das Web durch Wahrheitstreue besser zu machen. Lügen oder nicht lügen ist eine prinzipielle Frage des Charakters und deswegen versuche ich für mich selber, ein ehrlicher Mensch zu sein.
Tatsächlich bin auch ich keine Heilige – obwohl es diesbezüglich schon einmal Anfragen gegeben hat!
Früher(TM) hatte ich eine naive Vorstellung von der Wahrheit. Solange ist das nicht mal her. Es gab die Tageszeitung und die Tagesschau und am Tag mal die eine oder andere Nachrichtensendung im Radio. Im Urlaub hatte ich Zeit den “Spiegel” zu lesen – aber eigentlich nur dann. Meine Vorstellung von der Wahrheit war naiv.
Mein Vertrauen in die Institutionen war hoch und sogar manchen Politikern habe ich vertraut. Ich glaubte, was ich sah und las. Der Spiegel-Skandal oder Watergate und andere Vorkommnisse haben mich nicht im Grundsatz erschüttern können. Irgendwie kommt jede Sauerei einmal ans Licht und das Gute gewinnt. Zu dieser Zeit hätte ich von mir gesagt, immer die Wahrheit zu sagen.
Anfang bis Mitte der 1990er Jahre begann sich das in einem geradezu horrenden Tempo zu verändern. Wir befinden uns in einer schweren Demokratiekrise. Diese beruht meines Erachtens auf einem überstrapazierten Verständnis von Wahrheit und auf Besserwisserei. Ich sehe weniger ein Problem darin, dass manche vielleicht bewusst lügen, sondern eher darin, dass viele ihre eigene Wahrheit haben und in ihren Filterblasen diese Wahrheiten ausbauen und nicht einmal mehr bereit sind, darüber zu verhandeln.
Salve!
Treffend den Kern getroffen – @sabienes …ich habe da eher wieder mal das “Thema verpfählt” mit der Pudelkernspaltung…
Und Horst auf @2bier.de [./.Exil] spaltet einfach und klar den Pudel und eliminiert den Kern… ;-)
Grummel… da muss ich wohl nicht die elementar-eliminierten Kerne suchen und kann mich im Schlaf Grat wandeln…
Oder? ;-)
Ich bin damit aufgewachsen, Dinge anzuzweifeln. Und ich weiß, dass es immer zwei Seiten eines Problems gibt. Trotzdem habe ich, ähnlich wie du, gelernt, Dinge schöner zu machen. Ich versuche ehrlich zu sein und Fakten in ein Raster einzuordnen. Aber ich muss einkalkulieren, dass andere das nicht können. Deswegen ist es manchmal wichtig, Negatives zu erwähnen, aber nicht auszuschlachten. Oder Positives hervorzuheben. Dennoch ist es mir sehr wichtig, auf meinem Blog ehrlich zu sein. Und wenn mir ein Buch nicht gefallen hat, dann hat das Gründe. Aber ich ,ann meine Meinung ncih ändern.
@Horst Schulte: Spätestens, nachdem mein damals 3jähriger Sohn steif und fest behauptet hatte, dass er im Wohnzimmer ein Krokodil gesehen hat, denke ich, das Wahrheit auch etwas Relatives hat.
Und zwischen Wahrheit und Betrug ist immernoch ein großer Unterschied (Watergate, etc.)
LG
Sabienes
@Sabine Puttins: Bevor ich hier überhaupt nicht mehr durchblicke, werde ich mal deinen Artikel lesen ….
LG
Sabienes
@Evy: Deine Herangehensweise finde ich gut! Man muss nicht alles in Grund und Boden zerren, dass hat ja auch etwas Verkrampftes. Aber man muss ehrlich bleiben.
LG
Sabienes