Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober – Was bedeutet dieser Tag?
Am 3. Oktober ist der Tag der Deutschen Einheit.
Ich frage mich, was dieser Tag für mich bedeutet, wenn man einmal von einem arbeitsfreien Tag (manchmal sogar mit Brückentag) absieht.
Inhalt:
Tag der Deutschen Einheit
Der Tag der Deutschen Einheit ist der Nationalfeiertag Deutschlands. Viele Staaten begehen einen solchen Tag, zum Beispiel in den USA ist es der Independance Day oder der Sturm auf die Bastille in Frankreich. An solchen Tagen werden dann in den jeweiligen Staaten die Fahnen gehisst, Ansprachen gehalten und Nationalhymnen gesungen – wie in Deutschland auch.
Die Jüngeren unter euch wissen das vielleicht gar nicht mehr. Bis zu Wiedervereinigung Deutschlands wurde im Westen am 17. Juni zum Gedenken an den Volksaufstand 1953 in der DDR der Tag der deutschen Einheit (damals mit kleinem “d”) begangen. Im Osten hatte man dafür den 7. Oktober, den Tag der Staatsgründung, als Nationalfeiertag.
Im Jahr 1990 gab es dann kurioser Weise zwei Nationalfeiertage: in der BRD durfte ein letztes Mal der 17. Juni gefeiert werden und am 3. Oktober begangen dann erstmals alle Deutschen zusammen ihren Tag der Deutschen Einheit.
Die deutsche Einheit
Ich bin mit der Tatsache, dass es zwei deutsche Staaten gibt, groß geworden.
Für uns im Westen waren “die da drüben” im Osten entweder arm dran oder böse Kommunisten. Und man konnte sie nicht so ohne weiteres besuchen.
Die Indoktrinierung im Osten war lediglich mit anderen Vorzeichen die gleiche: Im Westen gibt es Armut, Kriminalität, das kapitalistische System ist menschenverachtend.
Als dann 1989 die ersten Bürger ohne enervierende Grenzkontrollen durch das Brandenburger Tor in den Westen kamen, feierten sie eine wunderbare Party. Nach der ersten Euphorie lernten wir Wessis und wir Ossis folgendes:
- die aus dem Osten tragen gebleichte Jeans, heißen Kevin und jammern viel rum
- die aus dem Westen haben fette Autos, sind hochnäsig und können kein sächsisch.
Seit mehr als 20 Jahren haben wir nun die östlichen Bundesländer an der Backe und sie uns natürlich auch. Inzwischen haben die einen gelernt, dass das kapitalistische System trotz aller schönen Demokratie nicht immer ein Ponyhof ist. Die anderen haben gelernt, dass Spreegurken und Ampelmännchen ihre Berechtigung behalten müssen. Und so langsam wächst tatsächlich das zusammen, was irgendwann mal zusammen gehört hat.
Vielleicht.
Auf jeden Fall zieht immer mehr Normalität ein im Zusammenleben eines deutsch-deutschen Volkes. Denn letztendlich war diese deutsch-deutsche Trennung ein großer Blödsinn, wenn nicht gar ein völkerrechtliches Verbrechen.
Da ich gegen nationalstaatlichen Pathos allergisch bin, mag ich ein solches Feiern am Tag der Deutschen Einheit nicht. Zumal ja die momentane Stimmung im östlichen Volk ja ziemlich völkisch orientiert ist.
Aber ich kann mich über das freuen, was wir zusammen geschafft haben! Und das wäre dann wirklich ein Grund zu feiern und die schönsten Parties finden natürlich in Berlin statt.
Was denkt ihr über diesen Tag? Hört ihr euch politische Reden an oder geht ihr auf eine Kundgebung?
ja, was denke ich… als Berliner freue ich mich über den freien Tag, wir sind ja die mit den wenigsten Feiertagen überhaupt im Land.
Und als jemand, der im Osten aufgewachsen ist, knirsche ich mit den Zähnen, wenn ich an die Verramschung der DDR nach der Wende denke und daran, dass es auch heute noch unterschiedliche Lohnsysteme in Ost und West gibt. Der neue Berliner Flughafen liegt nun in Brandenburg, was automatisch bedeutet, dass die Leute ca. 20% weniger verdienen. Und das wegen 5km? Sie wohnen doch deswegen plötzlich nicht billiger. Die Lebensmittel kosten doch auch nicht plötzlich weniger?
Nicht dass du jetzt denkest, ich wäre so eine DDR-verliebte ewig Gestrige. Nein, ich freue mich über die offene Grenze, sehe aber noch kein wirkliches Zusammenwachsen und hätte mir gewünscht, dass diese Wiedervereinigung, die wir heute feiern, sorgsamer, langsamer und richtig vollzogen worden wäre, damals. Dann wären wir heute schon weiter.
Dir einen schönen freien Tag :grin:
Liebe Grüße
Claudia
@Claudia: Du bist natürlich in Berlin mehr am Brennpunkt, als ich in Bayern. Ich halte die ungleiche Behandlung von Ost und West gerade bezüglich der Löhne auch für ein Unding, wobei du aber immer ein Lohngefälle in Deutschland zwischen den einzelnen Regionen finden wirst (in München wird besser verdient, als im Münchner Umland, dafür sind dort die Lebenserhaltungskosten auch höher)
Der Ausverkauf, der nach der Wende im Osten stattgefunden hat, ist menschenverachtend, ebenso wie dort die Menschen auf einen Schlag mit einem anderen Lebenssystem konfrontiert worden sind.
Wahrscheinlich kam die Wiedervereinigung zu früh, mit Sicherheit dauerte die Teilung zu lange.
Andererseits konnte man hinsichtlich einer Wiedervereinigung auf wenige historische Vorbilder zurückblicken. Beim nächsten Mal wären wir alle gescheiter!
LG
Sabienes
Gerade hier in Berlin merkt man meiner Meinung nach immer noch den nahe beeinander liegenden gewaltigen Unterschied, wahrscheinlich gerade, WEIL man so nah beieinander alles hat, was eben noch ganz schön weit entfernt davon ist, zusammengewachsen zu sein. Das Einreißen einer Mauer ist nur Symbol. Was danach passierte, hat eher was mit Holzhammer zu tun, als mit Entwicklung, für die gar keine Zeit gelassen wurde.
Ich bin aus Westberlin und hatte eigentlich keine besonderen Probleme damit, dort fast 30 Jahre lang zu leben und in keinster Weise zu leiden. Nach der Wiedervereinigung hatte ich auch keine Probleme, denn für mich hat sich kaum was geändert, denn mir wurde nichts von der anderen Seite aufgedrückt, aber auch nichts Wesentliches genommen und kritiklos irgendwie ersetzt. Das sah auf der anderen Seite ganz anders aus. Gerade in meiner Generation kann man die Unterschiede auch heute noch ganz genau spüren, denn man hatte einfach eine unterschiedliche prägende Lebensphase. Von mir selbst kann ich auch sagen, dass ich vieles davon an die nächste Generation weitergegeben habe, was ja in meinem Fall auch leicht ist, denn es ist quasi immer noch der Normalfall. Insofern ist für mich die Einheit eigentlich nur ein äußerer neuer Rahmen und als Westberliner gesprochen die Befreiung von dem Druck, dass irgendwann der kalte Krieg heiß über die Mauer schwappt.
Ich finde es immer so schade, dass die geschichtlichen Hintergründe bei den “Jungen” so verloren gehen. Fragt man sie am 26. Oktober zB. warum sie heute frei haben, wette ich mit dir, dass von 10 Leuten keine 3 die richtige Antwort wissen, bzw. den geschichtlichen Hintergrund dazu. Die wissen oft ja net mal, dass am 1. November Allerheiligen ist und was der Sinn dieses Feiertages ist…
@Iris: In Berlin ist der Fall mit Sicherheit ganz anders, als bei uns, wo man vielleicht mal eine Handvoll Leute aus Thüringen und Sachsen kennt. Zu glauben, dass die Diskrepanzen in unserer Generation eliminiert sein werden, ist allzu optimistisch. Da braucht es noch einige Zeit. Aber ich bin da zuversichtlich.
Was du mit dem Kalten Krieg ansprichst, kenne ich auch noch. Und wir hatten ja Todesängste, dass der Russe kommt ;-)
LG
Sabienes
@MestraYllana: 1. November? Ganz klar: Da ist Halloween!! ;-)
LG
Sabienes
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich noch ein Kind war und den Verwandten meines Opas immer einmal im Jahr ein Päckchen nach Ostdeutschland geschickt haben. Heute ist das zum Glück nicht mehr notwendig.
Wir genießen auf alle Fälle den Feiertag und bekommen Besuch von meiner Schwiegermutter. ;)
@Gabi Fischer: Wir hatten keine Verwandten im Osten. Aber ich weiß von Freunden, wie wichtig diese Päckchen immer gewesen sind.
Viel Spaß heute ;-)
LG
Sabienes
AUH ja, Halloween – gibt es einen “besseren” Feiertag? =P
Ich bin ein Kind des Ostens, lebe aber nun schon viele Jahre im Westen. Vielleicht schreib ich ja auch mal einen Beitrag über die Zeit im Osten, aber in ausführlichen Gesprächen mit westdeutschen Freunden habe ich schon feststellen können, das die Leben so unterschiedlich nicht sind. Ganz im Gegenteil. Durch geschlossene Mauern mussten wir oftmals bei Wünschen erfinderischer sein. Wir haben damals zu Weihnachten eine Sache bekommen und uns gefreut wie bolle. Heutzutage liegen oftmals Massen unterm Gabentisch und der Wert des einzelnen ist nicht mehr so hoch. Wir haben auch Kinderschokolade geniessen dürfen, das jedoch so selten, das es auch zu etwas ganz besonderen wird. Leider fehlt mir diese Bescheidenheit heute grundsätzlich. Und da ist egal, ob Ost oder West oder überhaupt. Das Reisen war damals eingeschränkt, wenn man jedoch sieht, wieviele tolle Ecken Deutschland zu bieten hatte und wenn ich mich an die Erzählungen meiner Familie über Urlaube in Ungarn, Polen, Tschechien und teilweise sogar Hamburg (ja das lag im Westen) erinnere, hat sich das auch nicht wie eingesperrt angefühlt. Ich finde es gut, das es so gekommen ist, wie es jetzt ist. Dieser kleine Staat hätte sich auf Dauer so nicht finanzieren können. Und wenn ich mich recht an einige Gespräche erinnere, war auch Westdeutschland zu der Zeit in einer Krise. Durch die Markterweiterung hat es sozusagen allen gut getan. Was natürlich die Sozialpolitik angeht – das steht auf Dauer auf einem anderen Blatt.
Übrigens, was die Packerl angeht, so habe ich in 10 Jahren nur eines bekommen. Was aber noch viel interessanter war, waren sogenannte Intershops, in denen es Überraschungseier (das Stück für 7 Mark) :D gab. Die gab es in größeren Städten und ermöglichten, auch Westprodukte zu kaufen.
@MestraYllana: Halloween ist nur noch durch den Geburtstag der Queen zu toppen ;-)
LG
Sabienes
@Janett: Ich merke, dass ich über das Leben im Osten immer noch dazu lernen kann. Es ist wirklich ein Manko bei mir, weil ich zu DDR-Zeiten dort niemand gekannt habe (keine Verwandte oder Freunde dort).
Aber ich bin sicher, dass es damals hüben wie drüben viel Propaganda gegeben hat.
Danke für deine Ausführungen!
LG
Sabienes