Ein plötzlicher Todesfall – J. K. Rowling (Harry Potter neu?)
In der kleinen englischen Gemeinde Pagford wird ein Platz im Gemeinderat frei, nachdem das sympathische und engagierte Mitglied Barry Fairbrother plötzlich und unerwartet stirbt.
Sofort beginnt ein lokalpolitisches Hauen und Stechen, denn jeder der ehrwürdigen Gemeinderäte verfolgt seine eigenen, ehrgeizigen Pläne.
Das stürzt besonders die Jugendlichen von Pagford vor den Kopf, denn die Ziele, die ihre Altvorderen verfolgen, haben mit ihren Sorgen und Nöten gar nichts zu tun!
Inhalt:
Ein plötzlicher Todesfall – Meine Meinung
Dieser neue Roman der begnadeten Erzählerin Joanne K. Rowling ist kein Fantasy-Roman mit Zauberern und Muggels.
Es handelt sich hier nicht einmal um einen Krimi oder Thriller. Auch wenn das Cover, welches wohl nicht rein zufällig im Stil der alten Edgar Wallace Romane gestaltet worden ist, vermuten lässt.
Dieser Roman ist sozialkritisches Psychogramm aus einer Kleinstadt, die nicht unbedingt in Großbritannien beheimatet sein muss. Solche Strukturen findet man überall, und ich musste beim Lesen sehr an die Stadt denken, in der ich selbst wohne.
Rowling erzählt sehr minutiös über die Handlungen und Gedanken ihrer einzelnen Protagonisten, auf den 576 Seiten wird über eine relativ kurze Zeitspanne berichtet.
Sozialkritik in der Kleinstadt
Da ist Mary, die trauernde Witwe mit ihren 4 Kindern, die von Gavin geliebt wird, einem Typus, der bei einer etwaigen Verfilmung unbedingt von Hugh Grant verkörpert werden sollte.
Und Samantha, die sich in ihrer Einsamkeit sehr pubertär und fast hoffnungslos in den Boygroup-Sänger und Schwarm ihrer Töchter verliebt.
Und natürlich die unglückliche und tapfere Krystal Weedon mit ihrer heroinsüchtigen Mutter und dem kleinen Bruder Robbie, die sich den sarkastischen Fats angelt, was in einem Fiasko endet.
Nicht zu vergessen die ortsübliche Haute Volaute samt dem Feinkosthändler, dem Adligen und der Ärztin, welche aber als Nervensäge gilt.
Rowling geht mit diesen Kleinstadt-Matadoren hart ins Gericht. Denn vor lauter Machtbesessenheit vergessen sie das, was eigentlich das Wichtigste sein sollte: Ihre Kinder und ihre Menschlichkeit.
Überhaupt hat man den Eindruck, dass in Großbritannien die Kinder entweder schlecht behandelt werden oder im Internat landen – letzteres ist wohl für beide Seiten oft die beste Lösung.
Ich weiß nicht, wie es der britischen Autorin an dem Ort geht, an dem sie wohnt.
Aber irgendwo wird sie ihre Inspiration zu diesem Werk wohl erhalten haben und ich hoffe, dass die Nachbarn noch mit ihr reden.
Ist das nun der neue Harry Potter?
Ein plötzlicher Todesfall ist natürlich kein neuer Harry Potter, aber ein ganz neuer Rowling! Und er zeigt einmal wieder ganz deutlich, was für eine großartige Erzählerin diese Autorin ist.
Bibliographisches:
- Titel: Ein Plötzlicher Todesfall
- Autor: Joanne K. Rowling (Autor)
- Originaltitel: The Casual Vacancy
- Taschenbuch: 576 Seiten
- Verlag: Ullstein Taschenbuch; Auflage: 1. Auflage, ungekürzte Ausgabe, (2. Dezember 2013)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3548285287
- Preis Stand November 2017: 9,99 € (Kindle) 24,90 € (Gebundene Ausgabe) 11,99 € (Taschenbuch) 5,95 (MP3 CD, gelesen von Christian Berkel)
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(Alle Angaben ohne Gewähr)
Nachtrag:
Inzwischen wurde der Roman mit Michael Gambon, Julia McKenzie, Keeley Hawes, Rory Kinnear und Rufus Jones in den Hauptrollen verfilmt.
Anscheinend war das nicht so ganz der Kinohit, zumindest habe ich das gerade durch Zufall erfahren.
Die DVD kostet bei Amazon 9,29 € und ich bin schwer am Überlegen, ob ich diesen Film nicht unbedingt sehen muss.
Ich find es gut, dass Rowling sich an ein neues Genre heranwagt und sich nicht selbst bei Büchern à la Potter festsetzt. Sicher auch eine gute Methode, sich nicht so unter Erfolgsdruck zu setzen. Natürlich ist es aber so, dass sie beim Gewinnen von Lesern ihres neuen Buches vom Potter-Erfolg profitiert. Hoffentlich springen ihr da nicht zu viele Leser ab, die etwas Potterartiges erwartet haben und nun enttäuscht sind. Andererseits ist es auch geschickt von ihr, etwas völlig Anderes in Angriff zu nehmen, das sich jedem Vergleich mit Potter entzieht. Da du sie ja als begnadete Erzählerin bezeichnest, bin ich zuversichtlich, dass sich das Buch trotz vielleicht schwer verdaulichem Inhalt gut liest. Und genau das hat es ja bei Rowlings Büchern immer interessant und spannend gemacht. Ich habe es jedenfalls vorgemerkt.
Dieses Buch erhielt ja in GB sehr schlechte Kritiken. Wieso? Weil es die harte Realität schildert! Und die “Wahrheit verdrießt die Leute!” Viele wollen nur ihre illusionäre Welt sehen und verschließen die Augen vor der bitteren Realität. Und dass mit Kindern schlecht umgegangen wird, das gibt es nicht nur in Großbritannien, sondern auch hierzulande. Ich habe ja schon oft Häuser wegen Belastung durch Elektrosmog und geopathologischen Störungen besucht. Auch bei Wohlhabenden. Und oft war ich bestürzt, wie klein die Kinderzimmer waren! Da leisten sich Menschen einen großen Bungalow und die Kinder haben nur klitzekleine Räume. Vielleicht nach dem Motto: “Ab in die Abstellkammer!” Die meisten Zeit sind die Kinder im Internat! Nicht nur in England, auch in Deutschland gibt es immer mehr Internatskinder …
Ich finde es echt mutig von Rowling, nach ihrem Potter-Erfolg ein völlig anderes Buch herauszubringen, dass absolut nicht Potter-mäßig ist. Ich bin jetzt schon zweimal vor dem Regal gestanden und wollte es schon fast mitnehmen – leider war da noch mein Buchkauf-Verbot in Kraft, weil ich damals noch keine Regale habe – wenn ich das nächste Mal zum Thalia komme, wandert es sicher mit nach Hause – denn jetzt bin ich erst recht neugierig! =)
@alle
Mutige Jane! Den Rest habt ihr schon gesagt. Muss ich wohl mal lesen.
@Iris: Natürlich werden ihr einige Potterfans abspringen oder sauer sein, weil sie nicht wieder etwas Fantastisches geschrieben hat.
LG
Sabienes
@Kiat: Das mit den Kinderzimmern war früher noch viel schlimmer, wenn ich so an die Bauweise von Wohnungen aus den Nachkriegsjahren denke.
Internat ist manchmal eine ganz gute Alternative – für Kinder und Eltern! Und wenn ich mir die Zustände an den Schulen so anschaue, sowieso.
LG
Sbienes
@MestraYllana: Dann darfst du dich ja schon mal freuen!
LG
Sabienes
@Manni: Rowling ist auf einem Level, da kann sie alles schreiben und es würde sich verkaufen!
Aber das Buch ist wirklich gut lesbar, kann es nur empfehlen.
LG
Sabienes