Und Jimmy ging zum Regenbogen – Johannes Mario Simmel
Nachdem ich in den letzten Wochen nicht dazu gekommen bin, etwas für das Projekt “52 Bücher” von Monstermeute & Zeugs beizutragen, beiße ich seit fast einer Woche an der aktuellen Aufgabe rum.
Fellmonsterchen fragt nämlich nach Büchern rund um das Thema Regenbogen.
Tatsächlich ist der Regenbogen in der Weltliteratur nicht besonders gut platziert, aber ein Buch ist mir dennoch eingefallen:
Und Jimmy ging zum Regenbogen von Johannes Mario Simmel
Obwohl dieses Buch lange Zeit unglaublich populär gewesen ist, habe ich es leider nie gelesen.
Inhalt:
Johannes Mario Simmel
Ich glaube, nur wenige Autoren, haben in den 70ern unverdienter Weise einen schlechteren Ruf genossen, wie Johannes Mario Simmel.
Seine Bücher galten als zu populistisch, als oberflächlich, als Kitschromane, deren Qualität sich nur unwesentlich von Erika-Romanen unterschied. Natürlich hatten wir damals Heinrich Böll und Siegfried Lenz zum Lesen!
Aber die größten Kritiker kamen weniger aus den Reihen derer, die sich regelmäßig einen Tacitus oder wenigstens einen Schiller zu Gemüte führen.
Manch ein eingefleischter Leser von Pearl S. Bucks fernöstlichem Kitsch oder britischer Familienkomödie wie “Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung” hielten sich für zu intellektuell anspruchsvoll, um einen Simmel zu lesen.
Mario Simmel hat mit seinen Büchern bestimmt nicht die ganz großen Tiefen literarisch ausgelotet, aber kann man einem Autor verübeln, wenn er quasi “für’s Volk” schreibt?
Zumal seine Themen doch immer eine gewisse Brisanz hatten, bzw. haben, wenn sie den 2. Weltkrieg, bzw. den Nationalsozialismus und die Nachkriegs- und Aufbaujahre Deutschlands beschreiben.
Und in seinen Betrachtungen über die damals gern praktizierte Verlogenheit der Personen, die ja “schon immer Demokraten gewesen” sind und von den ganzen Konzentrationslagern “nichts gewusst” haben, dafür aber über den Bau der Reichsautobahnen nur Positives zu berichten hatten, war er durchaus unbequem.
Späte Ehrung
In Simmels Wahlheimat Österreich war man etwas freigiebiger mit Ehrungen und Preisen verschiedenster Art, als in Deutschland.
Das aber nur wenige Jahre vor seinem Tod (2009) ihn das Magazin SPIEGEL als einen der bedeutenden deutschsprachigen Nachkriegsautoren gewürdigt hat, wird ihn dann auch gefreut haben.
Auf jeden Fall habe ich nun mit “Und Jimmy ging zum Regenbogen” ein neues Buch auf meiner Wunsch- und Leseliste, danke Fellmonsterchen!
Und ich hatte schon befürchtet, dass mir die Bücher ausgehen könnten.
Von Simmel hab ich nur “Es muss nicht immer Kaviar sein” gelesen – und das fand ich damals sehr gut.
Ich habe damals Simmel gern gelesen, unter anderem auch das Regenbogen-Buch, wobei man mich bitte nicht mehr fragen darf, worum es darin ging. :smile:
Warum sich viele so extrem auf Simmel eingeschossen haben, verstehe ich auch nicht, es ist halt gut wegzulesende Unterhaltungsliteratur, vermutlich war der Kritikpunkt tatsächlich, dass er auch politische Themen “am Wickel” hatte. Mir hatte gerade das ganz gut gefallen, und dass man kein Buch eines Literaturnobelpreisträgers liest, weiß man ja… Ich meine mich auch zu erinnern, dass nicht alle Bücher ein Happy End hatten, da gibt es schon noch etliche seichtere Literatur… (Wobei ich Happy Ends mag. :oops: )
@Fellmonsterchen: Vielleicht hast du hier einfach die Macht der späten Geburt, so dass zu deiner Zeit den Leuten der schwermütige Böll einfach über war ;-)
Außerdem bin ich der Meinung, dass man seinen Denkzellen zur Erholung auch mal was Leichtes gönnen sollte, zumal es wirklich viel leichtere Literatur als den Böll gebe.
LG
Sabienes
@Guinan: Ist dieses Buch nicht auch verfillmt worden?
Ich kenne aber weder Buch noch Film.
Sabienes
@Daggi: Ach nö! :wink:
LG
Sabienes
@Daggi: Ich sehe schon: im Simmelbereich habe ich Nachholbedarf! :oops:
LG
Sabienes
Wobei ich Heinrich Böll sehr mag, eines meiner Lieblingsbücher ist “Ansichten eines Clowns”, aber ich kann halt nicht nur Bücher auf so einem Niveau lesen, und ich muss gestehen, je mehr Stress ich habe, desto eher greife ich zu Büchern, die einen fesseln, aber von denen nicht viel allzu lange haften bleibt, wie es bei anspruchsvoller Literatur eher der Fall ist oder auch bei Sachbüchern. Für meine grauen Zellen ist das alles nicht so gut. :cry:
@Fellmonsterchen: Bei “Ansichten eines Clowns” kann ich schrecklich depressiv werden, weil alles so sinnlos und hoffnungslos traurig ist. Das soll nun nicht die literarische Qualität dieses Romans schmälern! Aber irgendwie kann ich das gar nicht brauchen.
LG
Sabienes
Eine hübsche Charakterisierung dieses leider noch immer aktuellen Buches, leicht, wie mit dem Schneebesen geschlagen.
Kurz zur Verfilmung: Dass Alfred Vohrer sich daran zu schaffen machte, ließ für Simmel schon Übles ahnen, obwohl die Besetzung mit Doris Kunstmann, Ruth Leuwerick, Horst Tappert(e noch im Dunkeln) etc. kaum Wünsche offen ließ, war es doch Vohrer, der eine große Zahl Edgar-Wallace-Verfilmungen verfließbandete und sie absolut unfreiwillig zu allerdings amüsanten Satiren verformte.
Der Film kam noch im gleichen Jahr wie das Buch über das deutsche Publikum, was einerseits eine (zu) hastige Produktionsweise signalisiert und andererseits den enormen Bedarf jener Zeit kennzeichnet, über das Thema “Drittes Reich” außerhalb historischer Seminar-Literatur zu erfahren, was, nebenbei gesagt, auch der große, verdienstvolle A.Brauner erkannt und umgesetzt hatte.
Der Buchtitel – bei Simmel gewöhnlich ein Shakespeare-Zitat wie “Die Antwort kennt nur der Wind” [aus “Der Sturm”] – dürfte auf den Mythos hindeuten, nach dem am Ende eines Regenbogens (vielleicht … schau mal nach!) ein Topf voller Gold / Glück / Wunscherfüllung zu finden sei.
Simmel stand deutlich oberhalb der Trivialliteratur, auch wenn nicht jedes seiner Bücher ein Volltreffer sein konnte, der vor den Zeiten zu bestehen vermochte – das gilt aber ganz sicher auch für die Säulenheiligen Goethe (Clavigo) oder T.Mann (Venedig). Simmels genießender Lebensstil als Dauergast des Hamburger Hotels “Atlantic” mag das Publikum verstört haben; bei dem nuschelnden Nicht-Sänger Lindenberg kümmert das kein Aas.
Es wird sich lohnen, heute noch einmal Simmel zu lesen. Seine Werke sind ja allesamt in (zu) großer Zahl antiquarisch preiswert erhältlich.
@Ralph Mulde: Danke für dein profundes Wissen über diesen Autor und das du mich und meine Leser daran teilhaben lässt. Ich glaube, der Bezug zur Trivialliteratur hat sich stark gewandelt. Heute liest man ganz ungeniert Krimis – für meine Mutter damals ein No-Go! Vokabeln wie “Schund” hörte man zu dieser Zeit noch viel öfter, als heute. Obwohl es bei einigen Büchern, die sich so auf den Bestsellerlisten tummeln, angebracht wäre.
Du hast mich inspiriert! Ich habe mir das Buch gerade bei Booklooker besorgt und bin schon sehr auf das Lesen gespannt.
LG
Sabienes
Liebe Sabiene!
“Du hast mich inspiriert!” Das freut mich wirklich sehr.
“eingefleischter Leser von Pearl S. Bucks fernöstlichem Kitsch …” Kitsch? Einverstanden! Allerdings sollte man im Hinterkopf haben, dass Pearl Sydensticker Buck der Literatur-Nobelpreis hintergeworfen … äh … sie damit geehrt wurde, “für ihre Romane über das Leben einfacher Menschen in China”, Wikipedia,
Eine der vielen Fehlentscheidungen des noblen Komitees, wie ich finde. so auch: “Die Verleihung des Literaturnobelpreises an Pearl S. Buck gehört zu den umstrittensten Entscheidungen des Nobelpreiskomitees und ist bereits bei der damaligen Verleihung auf vielfaches Unverständnis gestoßen. Viele Kritiker messen der Autorin keinen großen literarischen Rang bei und zählen ihre Romane eher zur Trivialliteratur.” https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1087759
Aber ob Buck, ob Simmel oder Danella, immer gilt: Deren Bücher haben Millionen Menschen lange Stunden beim Lesen erfreut, sich darüber lustig zu machen, kann nicht richtig sein. Wer das lesen möchte, soll es weiter guten Gewissens tun!
Noch einer, der angeblichen Trivialen war der Krimi-Autor George Simenon. Seine Maigret-Stories sind nun wirklich nur “naja”, aber wer antiquarisch für ein paar Cent einen der vielen Non-Simenons errobern kann, ich lese gerade “Der Präsident”, wird mit gut lesbarer echter Literatur beglückt.
Nebenher: Die reine Menge der produzierten Bücher weckt zwar “Schund-Verdacht”, nicht wahr, Babsi Cartland?, ist aber kein sicheres Zeichen dafür. Balzac gab sein zeitweise immenses Vermögen schneller aus als er sich jeweils ein neues erschreiben konnte; ähnlich, allerdings weniger künstlerisch, erging es Edgar Wallace.
@Ralf Mulde: Eine Deutschlehrerin hat mal zu mir gesagt, dass es egal ist, was jemand liest. Hauptsache es wird gelesen. So ganz unterschreibe ich das nicht. Aber sollen sie doch ihre Cartland-Romane oder Pearl S. Buck lesen. Gut, sie werden zwar eine völlige falsche Meinung zu Beziehungen oder zu Ländern, wie China bekommen. Egal. Die Pearl wurde von meiner Mutter auch gerne verschlungen, dass war in ihren Augen kein Schund. Wobei ihre Bücher durchaus etwas lyrisches an sich haben. Im Übrigen bin ich momentan komplett der Krimi-Welle verfangen, weil ich nicht viel Zeit habe, mich mit anderer, weniger schwerer Belletristik auseinanderzusetzen. Allerdings habe ich kürzlich die Buddenbrooks geschafft.
Viel Spaß noch mit deinem Simenon!
LG
Sabienes